Richtfunk: Frequenzen effizienter nutzen

Sonne und Regen wirken sich unterschiedlich auf die Ausbreitungseigenschaften von Frequenzen aus und beeinflussen so die Übertragung von Daten. Mit einer neuen Technologie wird es möglich, dass sich Richtfunksysteme der Situation anpassen und diese damit effizient genutzt werden können. Möglich macht es die so genannte adaptive Modulation.

Gottfried Wirth, Abteilung Frequenzmanagement

Adaptive Modulation (ACM, Adaptive Coded Modulation) ist eine neue technische Errungenschaft für digitalen Richtfunk. Richtfunkanlagen mit ACM können automatisch das Modulationsformat den aktuellen Ausbreitungsbedingungen anpassen. Damit kann eine höhere Ausnutzung des vorhandenen Spektrums, höherer Datendurchsatz, Einsatz kleinerer Antennen oder eine Kombination der drei Vorteile erreicht werden. Eine Änderung des Modulationsformats bedeutet, dass die Menge der übertragenen Daten verändert wird.

Mehr Daten bei schönem Wetter

Bei schönem Wetter stellt sich ein effizienteres Modulationsformat ein, welches eine hohe Übertragungsrate von zum Beispiel 200 Mbit pro Sekunde in einem 28-Megahertz-breiten Übertragungskanal ermöglicht. Bei intensivem Regen regelt die ACM zurück. Es wird auf ein sehr robustes Modulationsformat eingestellt; nun können vergleichsweise nur mehr ca. 44 Mbit pro Sekunde übertragen werden.

Frequenzplanung

Die Hauptanwendung der ACM erfolgt in den Frequenzbändern 13 bis 42 GHz, die vor allem durch ausbreitungsbedingte Effekte wie Dämpfung durch Niederschläge gekennzeichnet sind. Planungsziel ist, dass eine Richtfunkstrecke während mindestens 99,99 Prozent der Zeit verfügbar ist, also 52 Minuten pro Jahr darf sie ausfallen. Das bedeutet aber auch, dass die Richtfunkstrecke in der überwiegenden Zeit eines Jahres ein wesentlich höheres Leistungsvermögen hat. Mit Hilfe der ACM ist es nun möglich, dass während der Betriebszeit von mehr als 8700 Stunden pro Jahr Sprach- und mehrheitlich Datensignale (non-real time, "best effort traffic", z.B. E-Mails) und in der verbleibenden Zeit (max. einige Stunden) ausschliesslich Sprachsignale (real-time) übertragen werden.

Funktionsweise der adaptiven Modulation (Quelle: Alcatel-Lucent 2006 21157)
Funktionsweise der adaptiven Modulation (Quelle: Alcatel-Lucent 2006 21157)

Frequenzzuteilung für Richtfunkstrecken mit ACM

Für die Zuteilung von Betriebsfrequenzen für Richtfunk sind folgende Parameter massgebend:
  • die Kanalbandbreite (wie bisher, jedoch für ACM nur bestimmte Werte sinnvoll, die in den Schnittstellenbedingungen RIR0302 festgelegt sind),
  • das Modulationsformat, welches den Referenzmode mitbestimmt (16-, 64- sowie 128-QAM),
  • die ATPC (Automatic Transmitter Power Control) ist immer beim höchsten Modulationsformat aktiv, 
  • der Referenzmode.

Der Referenzmode

  • wird mit einer bestimmten Verfügbarkeit von 99,99 Prozent einheitlich festgelegt,
  • definiert das Modulationsformat und die Sendemaske,
  • wird vom BAKOM im Rahmen der Schnittstellenbedingungen RIR0302 definiert,
  • wird den Störleistungsberechnungen zugrunde gelegt für die Zuteilung wie auch für die internationale Koordination (nach dem HCM Agreement, Harmonised Calculation Method) einer Betriebsfrequenz, wobei die Degradation an der Schwelle (TD, Threshold Degradation) nicht mehr als 1 dB betragen darf.
Details zum Referenzmode (Quelle: BAKOM)
Details zum Referenzmode (Quelle: BAKOM)

Technische Hintergründe

Die adaptive Modulation ist erst möglich geworden nach der Einführung vielstufiger Modulationsverfahren im Quadraturformat (n-QAM, Quadratur-Amplituden-Modulation) für die digitale Signalübertragung. Die Anzahl der verfügbaren Symbole wird mit einer Zahl n ausgedrückt und ist bei binärer Übertragung eine Zweierpotenz, um den einzelnen Symbolen eine bestimmte Anzahl k Bits zuzuordnen, also

  • n = 2k,
  • wenn k = 10 Bits/Symbol, dann wird n = 1024.

Allerdings wird mit steigender Anzahl Symbole das modulierte Signal zwar bandbreiteneffizienter aber auch empfindlicher auf Rauschen und Intermodulation, d.h. je höher n wird, desto grösser wird der erforderliche Signal-/Geräuschabstand S/N bei einer Bitfehlerrate (BER) von 10-6 (nach ITU-R Rec. F.1101). Die genannten Kennzahlen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

k: Bits/Symbol n-QAM: Modulationsformat Symbolrate S/N [dB]: bei 10-6 BER
2 4 1/2 * Übertragungsrate 13.5
3 8 1/3 * Übertragungsrate 17.4 
4 16 1/4 * Übertragungsrate 20.5
5 32 1/5 * Übertragungsrate 23.5
6 64 1/6 * Übertragungsrate 26.5
7 128 1/7 * Übertragungsrate 29.5
8 256 1/8 * Übertragungsrate 32.6
9 512 1/9 * Übertragungsrate 35.5
10 1024 1/10 * Übertragungsrate 38.7 
11 2048 1/11 * Übertragungsrate 41.9

Weil der Datenverkehr einen zunehmenden Anteil an der Übertragungsrate beansprucht, wählt man mit Vorteil den Referenzmode bei nicht allzu hohen Werten für k. Es kann k = 4 Bits/Symbol (16-QAM) eine optimalere Lösung darstellen als k = 7 Bits/Symbol (128-QAM), weil damit der relative Gewinn an Übertragungsrate grösser ist.

Wahl des Referenzmodes (Quelle: BAKOM)
Wahl des Referenzmodes (Quelle: BAKOM)

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Letzte Änderung 16.10.2012

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