Programme privater Radiostationen Deutschschweiz Nord 2013

Die Programmkonzepte der Privatradios in der nördlichen Deutschschweiz unterscheiden sich vor allem durch das Musikformat und den Themenmix. Die Regionalinformation hat einen geringeren Stellenwert als in den übrigen Gebieten der Schweiz und ist rückläufig. Mit Ausnahme von Radio Munot strahlen die Privatradios weniger regionale Informationen aus als die jeweiligen SRF-Regionalprogramme. Einzelne Programme (Radio 1, Energy Basel, Basilisk) haben seit dem Vorjahr bedeutende Anpassungen im Informationsbereich vorgenommen.

Die Programmanalyse der privaten Veranstalter 2013 (Deutschschweiz Nord) berücksichtigte 16 Programme.

Musikformat und Themenmix als Abgrenzungskriterien

Im Unterschied zu anderen Regionen der Schweiz ist es nicht so sehr das Verhältnis zwischen Musik und Wort, das die Programme der privaten Anbieter im Norden der Deutschschweiz am stärksten unterscheidet, sondern der Themenmix und die Musikformate. In der Prime Time liegt der Musikanteil der meisten Programme zwischen sechzig und siebzig Prozent. Nur zwei Radios sprengen diesen Rahmen: Argovia liegt leicht darunter, FM 1 leicht darüber. Dabei lassen die Ergebnisse vermuten, dass die Programmkonzepte weniger auf spezifisch regionale Bedürfnisse als auf sozio-demografischen Besonderheiten der primär angepeilten Zielgruppen ausgerichtet sind. So spielt zum Beispiel die Regionalinformation bei manchen Privatradios keine tragende Rolle und die Musikformate sind regional offenbar weitgehend austauschbar. Das im urbanen Grossraum Zürich mit seiner hohen Wettbewerbsintensität verankerte Radio 24 praktiziert beispielsweise ein sehr ähnliches Musikformat wie das konkurrenzlose, in einem teilweise stark ländlich geprägten Gebiet operierende FM1. Beide Radios gewichten zudem die Regionalinformation weit geringer als nationale und internationale Themen.

In Regionen mit starkem Wettbewerb sind die programmlichen Differenzierungen am ausgeprägtesten. So sorgen im Grossraum Zürich insbesondere Radio 1 und Radio 105 für markante Programmakzente. Das Jugendradio (105) fällt dabei durch das mit Abstand jüngste Musikformat auf, aber auch mit einer quantitativ bescheidenen Informationsproduktion, die zudem schwergewichtig aus Boulevardstoffen besteht. Radio 1 hingegen weist das mit Abstand älteste Musikformat (der gesamten Schweiz) auf, gewichtet jedoch die Information weitaus höher als das Jugendradio. Damit positioniert es sich näher als die übrigen Privatradios bei SRF 1, das sein Musikformat innert Jahresfrist stark verjüngt hat und damit seinerseits näher an die Privaten gerückt ist. Seit 2012 hat Radio 1 seine Informationsproduktion zurückgefahren und sich zumindest in dieser Hinsicht anderen privaten Radios der Region angeglichen. Auch in thematischer Hinsicht vermögen sich die Radios im Grossraum Zürich voneinander abzugrenzen: Radio 1 widmet mehr als die Hälfte seiner Informationsproduktion Politik und Gesellschaft. Zürisee und Top gewichten Politik und Sport hoch, während Energy und Radio 105 Boulevardthemen favorisieren.

Im Raum Basel hat der Markteintritt von Energy Basel 2012 im Folgejahr keine weitere Dynamik im Bereich der Musikformate ausgelöst. Wie schon im Vorjahr ergänzen sich die beiden Stationen, indem sie mit unterschiedlichen Formaten Zielgruppen verschiedenen Alters ansprechen. Energy Basel setzt dabei stark auf aktuelle Titel aus verschiedenen Stilbereichen, Basilisk mischt deutlich mehr Oldies bei und konzentriert sich auf Pop. Im Informationsbereich fallen aber thematische Akzentverschiebungen auf. Basilisk hat die Sportberichterstattung halbiert, und regionale Themen haben bei beiden Sendern an Bedeutung eingebüsst.

Generell sind die Musikformate von grosser Bedeutung für die Profilierung der Programme. Die zentralen Unterscheidungsmerkmale sind das Alter der gespielten Titel, der Stilmix und die Titelrotation. Dabei fällt auf, dass die Energy-Radios und Radio 105 die Titel im Tagesverlauf besonders häufig wiederholen. Zwischen dem Alter des Musikformats und der Titelrotation gibt es einen Zusammenhang: Je älter die gespielten Titel sind, desto weniger wird rotiert. Gar keine Wiederholungen kennt daher das Programm mit dem ältesten Musikformat: Radio 1. Offensichtlich sind die Programmplaner der Meinung, dass für ein junges Zielpublikum Titelwiederholungen attraktiv sind.

Rückläufige Regionalinformation

Der Anteil Information am Gesamtprogramm der Prime Time schwankt bei den Privatradios der nördlichen Deutschschweiz zwischen 7% (Radio 105) und 20% (Munot). Die Mehrheit der analysierten Programme räumt Informationen zwischen 12% und 16% der Sendezeit in der Prime Time ein. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Informationsanteile leicht rückläufig. Dass das einzige Gebührenradio der Region (Munot) den höchsten Informationsoutput hat, deckt sich mit Beobachtungen in anderen Teilen der Schweiz, wonach Radios, die Gebühren erhalten, mehr Informationen ausstrahlen als solche, die sich ausschliesslich mit Werbung finanzieren. Radio 1, das beim Markteintritt mit dem Anspruch angetreten war, ein informationsbetontes, journalistisches Radio zu machen, hat seinen Informationsanteil seit der ersten Messung 2010 um fast ein Drittel reduziert. Kostengründe dürften dafür massgeblich verantwortlich sein.

Anders als in der lateinischen Schweiz geniesst in der Deutschschweiz die Regionalinformation meistens keine Priorität. Vielmehr nehmen (nationale) Inlandthemen und das Ausland in der Regel mindestens die Hälfte der Informationsproduktion in Anspruch. Bei quantitativer Betrachtung liegt damit die Produktion an Regionalinformation bei fast allen Radios der nördlichen Deutschschweiz deutlich hinter den SRF-Regionalprogrammen zurück. Nur gerade das kleine Gebührenradio Munot produziert mehr regionale Informationen als die SRF-Sender. Radio Munot hält mit 35 Minuten pro Werktags-Prime-Time die einsame Spitzenposition, während die übrigen Radios im Durchschnitt gerade mal auf elf Minuten kommen. Im Vorjahresvergleich ist ein starker, weit überproportionaler Rückgang der Regionalinformation festzustellen. Haben im Vorjahr noch sechs Stationen während mindestens 20 Minuten pro Werktag über regionales Geschehen berichtet, bleibt dies 2013 einzig Radio Munot vorbehalten. Inwieweit hier die Konkurrenz von nationalen und internationalen Ereignissen auch eine Rolle spielt, ist schwer zu sagen, zumal der Rückgang nur die Privatradios, und von diesen auch nicht alle, betrifft. Bemerkenswert ist aber, dass Stationen wie Radio 24, als Marktleader der Schweizer Privatradios, oder FM 1 als publikumsstärkste Station der Ostschweiz mit sieben bzw. sechs Minuten Regionalinformation pro Werktag dieses Feld fast völlig den jeweiligen SRF-Regionalprogrammen überlassen, deren regionale Informationsproduktion das Zweieinhalb- (Ostschweiz) bis Fünffache (Zürich-Schaffhausen) beträgt.

Privatradios thematisch vielfältiger als SRG-Regionalprogramme

Was die Qualität der Informationsaufbereitung anbelangt, sind zwischen den zwölf privaten Programmen mehr oder weniger grosse Unterschiede auszumachen. Punkto formaler Vielfalt der Informationspräsentation reicht kein privates Radio an die Leistungen der SRF-Regionalprogramme heran. Auch Radio 1, dem dies 2012 noch gelang, hat seither an formaler Vielfalt eingebüsst. Die Privatradios der nördlichen Deutschschweiz sind aber im Durchschnitt thematisch weit vielfältiger als die SRF-Regionalprogramme, die einen starken Fokus auf Politik legen. Auch was die Quellentransparenz anbelangt, liegen die Werte der Privaten im Schnitt noch etwas höher als bei den Öffentlichen, wohingegen die Orientierungsleistungen meistens klar darunter liegen. Nur Radio 1 agiert in dieser Hinsicht auf vergleichbarem Niveau.

An der Problematik, dass kaum ein Radio sein Konzessionsgebiet publizistisch umfassend abdeckt, sondern geografische Schwerpunkte setzt, hat sich im Vergleich zum Vorjahr wenig geändert. Besonders ausgeprägt ist dies im Raum Zürich zu beobachten, wo alle Radios (inkl. SRF) ihren Fokus auf die Stadt und den Kommunikationsraum Zürich richten. Radio 1 beachtet andere Ereignisorte seines Konzessionsgebietes in der künstlichen Woche überhaupt nicht, während Radio 24 solche immerhin sporadisch behandelt. Auch das SRF-Regionalprogramm Zürich-Schaffhausen konzentriert sich auf die Stadt und den Kommunikationsraum Zürich und berücksichtigt den ebenfalls zu seinem Versorgungsgebiet gehörigen Kanton Schaffhausen weit seltener. Geografisch am breitesten operieren Zürisee und Top.

In der Nordwestschweiz fokussieren die beiden Basler Privatradios, ebenso wie das entsprechende Regionalprogramm von SRF, geografisch auf die Stadt und den Kommunikationsraum Basel. Ereignisse im Baselbiet erhalten insbesondere von den Privatradios deutlich weniger Aufmerksamkeit. Das Fricktal wird einzig von Basilisk beachtet. Radio Argovia ignoriert diesen, zur Kernzone seines Konzessionsgebiets gehörenden Kommunikationsraum an den Stichtagen der künstlichen Woche gänzlich. Neben dem Fricktal gehört auch das Freiamt zu den kaum berücksichtigten Regionen.

Methodische Eckdaten

  • 2013 wurden in der Deutschschweiz Nord die folgenden Regionalprogramme berücksichtigt:
    Private: Basilisk, Energy Basel, Argovia, Radio 32, Radio 24, Radio 1, Zürisee, Energy Zürich, Radio 105, Top, Munot, FM1. SRF 1 Regionalprogramme: Basel-Baselland, Aargau-Solothurn, Zürich-Schaffhausen, Ostschweiz
  • Stichprobe: Künstliche Woche (Werktage) im Zeitraum von Februar bis November 2013
  • Stichtage: Mo, 25. Februar, Di, 30. April, Mi, 26. Juni, Do, 29. August, Fr, 8. November
  • Analysierte Sendezeit: täglich 06.30 - 08.30; 11.30 - 13.30; 17.00 - 19.00 Uhr
  • Musikanalyse: Mittwoch, 26. Juni; 06.00 bis 18.00 Uhr
  • Analysierte Programmstunden total: 636

Weitere Informationen

Untersuchte Lokalradio-Programme in der Deutschschweiz (Nord) mit Konzession:

Radio Basilisk, Radio Energy, Radio Argovia, Radio 32, Radio 24, Radio 1, Radio Zürisee, Radio Energy Zürich, Radio 105, Radio Top, Radio Munot, Radio FM1

Zu Vergleichszwecken einbezogen:

SRF 1: Regionalprogramme Basel-Baselland, Aargau-Solothurn, Zürich-Schaffhausen, Ostschweiz

Die wichtigsten Befunde:

1. Musikformate und Themenmix als Abgrenzungskriterien;
2. Rückläufige Regionalinformation;
3. Privatradios thematisch vielfältiger als SRG-Regionalprogramme

Forschungsinstitut:

Publicom AG, 8802 Kilchberg


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Letzte Änderung 30.10.2014

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