Die globale digitale Gouvernanz stärken

Im Dezember 2017 fand in Genf die zwölfte Ausgabe des Internet Governance Forum (IGF) der Vereinten Nationen statt. Als weltweit grösste und allen Interessierten offenstehende Diskussionsplattform zu Fragen der Digitalisierung bietet das IGF eine einmalige Gelegenheit, aktuelle Herausforderungen mit allen Interessengruppen zu diskutieren und auszuloten, in welche Richtung die Entwicklung bei Themen wie Cybersicherheit, Digitale Wirtschaft, Meinungsfreiheit und Manipulation demokratischer Prozesse gehen soll. Die Schlussfolgerung, dass es eine stärkere digitale Gouvernanz auf globaler Ebene braucht, wird nun zu konkretisieren sein.

Livia Walpen, International Relations 

Als Gastgeberin kann die Schweiz auf ein inhaltlich und organisatorisch erfolgreiches IGF 2017 zurückblicken. Über 2‘000 Teilnehmende aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft aus 142 Ländern kamen vom 18. bis 21. Dezember 2017 im Palais des Nations in Genf zusammen. Gemeinsam mit weiteren rund 1‘700 Personen, die online an der Konferenz teilnahmen, diskutierten sie unter dem Motto "Shape Your Digital Future!" ("Gestalten Sie Ihre digitale Zukunft!") in insgesamt 260 Veranstaltungen über die aktuellen Herausforderungen der Digitalisierung, welche unser gesellschaftliches, politisches und wirtschaftliches Leben durchdringt und grundlegend umwälzt. Das IGF 2017 war somit eines der bisher vielfältigsten und bestbesuchten.

Aktuelle Themen mit Handlungsbedarf 

Eröffnet wurde das IGF 2017 durch Bundespräsidentin Doris Leuthard. Die hochrangigen Podiumsgäste des interaktiven Eröffnungsdialogs zeigten sich einig darin, dass es eine stärkere digitale Gouvernanz – d.h. ein verbessertes Steuerungs- und Regelungssystem der digitalen Welt – braucht, um die Vision einer Informationsgesellschaft umzusetzen, in der alle von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren können. Zudem müsse der "Multistakeholder-Ansatz", sprich der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Staat, Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft sowie den technischen Experten über Landes- und Sektorengrenzen hinweg weiter gefördert werden. Wie genau das aktuelle, dezentralisierte Gouvernanzsystem bestehend aus vielen Akteuren mit unterschiedlichen, nicht immer klaren Kompetenzen für die Digitale Welt konkret verbessert werden könnte, wird derzeit auch in UNO-Kreisen und auf anderen formellen und informellen Kanälen weiter diskutiert.

Auch die Cybersicherheit war ein zentrales Thema am IGF 2017. Dabei wurde der Vorschlag von Microsoft zur Schaffung einer "Digital Geneva Convention" – einem rechtlich verbindlichen, multilateralen Instrument für die Regulierung des Cyberraums – kontrovers diskutiert. Während einige begrüssten, dass Microsoft als Wirtschaftsakteur mit konkreten Ideen zur Cybersicherheitsdebatte beiträgt, erachteten andere den Vorschlag im heutigen politischen Umfeld als wenig realistisch. Es wird zu klären sein, wie das bestehende Regelwerk bzw. das Völkerrecht im Cyberraum angewendet und durchgesetzt werden kann. Es bestand Einigkeit unter den Teilnehmenden, dass angesichts der zunehmenden Angriffe im Cyberraum Handlungsbedarf besteht.

Ein weiteres vieldiskutiertes Thema war die Manipulation der öffentlichen Meinungsbildung und demokratischer Prozesse durch Misinformation, Propaganda und "Fake News". Dabei wurde anerkannt, dass Bildung und "digital literacy" (digitale Kompetenz) aller Bürger unerlässlich sei, um vertrauenswürdige Informationen von Fehlinformationen und Manipulationen zu unterscheiden. Es brauche aber auch unterstützende Rahmenbedingungen durch Politik und Medien, um das Vertrauen der Nutzer (zurück) zu gewinnen. Verschiedene Regierungen und internationale Organisationen haben entsprechende Massnahmen angekündigt. Überreaktionen, welche zu einer Einschränkung der Informations- und Meinungsfreiheit führen könnten, seien aber zu vermeiden.

Beim Thema globaler digitaler Handel und Handelsabkommen wurde am IGF 2017 deutlich, dass die Kombination von Digitalisierung und Globalisierung unsere Arbeits- und Lebenswelten in den kommenden Jahren noch stärker verändern wird und es dabei für die betroffenen Menschen grosse Herausforderungen geben dürfte. Somit werden grössere Anstrengungen nötig sein, um die Stabilität der Gesellschaft und der Wirtschaft auf nationaler Ebene zu gewährleisten.

Genf als Zentrum globaler Digitalpolitik

Als Gastgeberin des IGF 2017 in Genf ist es der Schweiz gelungen, ihre Rolle einer glaubwürdigen und konstruktiven Akteurin in der globalen Debatte um die "Spielregeln" der digitalen Gesellschaft und Wirtschaft zu bestärken. Dabei konnte insbesondere das Potential des "internationalen Genf" als Zentrum für globale digitale Gouvernanz konkret aufgezeigt werden: Dank der zahlreichen in Genf angesiedelten internationalen Organisationen, NGOs und Think Tnks verfügt dieses über eine breite Expertise zu vielen für die Digitalisierung zentralen Themenbereichen wie Telekommunikation, Menschenrechte, geistiges Eigentum, Arbeit, Gesundheit, Klima oder globalem Handel. Genf ist somit auch künftig ein idealer Ort, um die digitalen Aspekte der einzelnen Themen zu vernetzen, Silos aufzubrechen und Lösungen zu finden.

Die vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und dem BAKOM 2014 als neutrale und verlässliche Informationsplattform zur Internetgouvernanz ins Leben gerufene "Geneva Internet Platform" (GIP) erwies sich im Rahmen des IGF erneut als für die Schweiz und Genf wichtige und nützliche Initiative. So hat die GIP z.B. Berichte zu allen Veranstaltungen des IGF verfasst und diese "just-in-time" den Teilnehmenden des IGF zur Verfügung gestellt.

Eine von der Schweiz als Gastgeberin 2017 eingeführte Neuheit für das IGF waren zudem die "Geneva Messages". Diese fassen die Hauptpunkte der Sessions kurz, prägnant und neutral zusammen und tragen dazu bei, die Ergebnisse des IGF greifbarer und für die Weiterarbeit an den Themen in den zuständigen Organisationen besser nutzbar zu machen.

Aus Sicht der Schweiz hat sich das IGF als globale Multistakeholder-Dialogplattform mit einer offenen Bottom-Up-Struktur erneut als Plattform bewährt, auf der innovative Ideen, neue Partnerschaften und Lösungsansätze entstehen können. Die Schweiz wird das IGF sowie seinen europäischen Ableger (den EuroDIG) auch künftig unterstützen. Zudem wird sich die Schweiz weiterhin aktiv in den Debatten und Bemühungen zur Gestaltung und Stärkung der globalen digitalen Gouvernanz engagieren und dabei Genf als Zentrum globaler Digitalpolitik bestmöglich positionieren.

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Letzte Änderung 10.04.2018

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