Spezielle Funkanlagen, die zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit von Behörden betrieben werden

Funkanlagen, die zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit von Behörden betrieben werden und die üblichen Anforderungen an die Konformität und Frequenznutzung nicht erfüllen können – in Behördenkreisen auch "Sonderelektronik" genannt – dienen beispielsweise den Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden bei der Erfüllung besonderer Aufgaben im Bereich der Funkkommunikation, Funkunterdrückung sowie der funkbasierten Telekommunikationsüberwachung. Derartige Funkanlagen dürfen ausschliesslich von bestimmten Behörden betrieben werden. Die vorliegende Information richtet sich sowohl an Herstellerinnen sowie an Importeurinnen und Händlerinnen von solchen speziellen Funkanlagen als auch an die betroffenen Behörden.

Erhöhtes Störrisiko

Aufgrund der speziellen Funktion von Sonderelektronik ist es in der Regel nicht möglich, alle Grundsätze der Frequenzregulierung und der Normierung zu berücksichtigen. Da diese Geräte ein erhöhtes oder sogar erhebliches Risiko bergen, das Funkfrequenzspektrum zu stören, hat das BAKOM betreffend den Marktzugang sowie die Nutzung spezielle Bestimmungen erlassen.

Der Bereich der Sonderelektronik ist national geregelt. Eine internationale Harmonisierung existiert nicht. In der EU zum Beispiel ist Sonderelektronik vom Geltungsbereich der Funkrichtlinie (RED; 2014/53/EU) ausgenommen (Artikel 1(3) RED). Damit gibt es für diese Anlagen keine einheitlichen Vorschriften und Normen.

Anbieten und Bereitstellen von Sonderelektronik auf dem Markt in 2 Schritten

Schritt 1: Bewilligung für die Bereitstellung auf dem Schweizer Markt

Marktakteurinnen (Herstellerin, Importeurin und Händlerin), welche zugelassene Sonderelektronik auf dem Schweizer Markt anbieten oder bereitstellen wollen, müssen vorgängig mittels entsprechenden Formular eine Bewilligung beim BAKOM einholen. Diese Bewilligung wird in der Regel innert einer Frist von zwei Wochen erteilt und zugestellt. Der Antragstellerin wird dafür einmalig 210 CHF in Rechnung gestellt. Das BAKOM stellt den befugten Behörden auf Anfrage eine Liste mit Marktakteurinnen zur Verfügung, die eine solche Bewilligung besitzen.

Schritt 2: Zulassung von Sonderelektronik

Sonderelektronik kann erst auf dem Markt bereitgestellt werden, nachdem sie vom BAKOM zugelassen worden ist. Marktakteurinnen können mittels entsprechenden Formular die Zulassung für ihre Funkanlage beim BAKOM beantragen. Gleichzeitig reicht die Antragstellerin die technischen Unterlagen, insbesondere die Prüfberichte über die elektromagnetische Verträglichkeit sowie der effizienten Spektrumsnutzung ein. Die für die Labormessungen - durchzuführen durch ein Prüflabor gemäss Artikel 17 FAV - vorgeschriebenen Messmethoden und Grenzwerte sind in den technisch administrativen Vorschriften festgelegt (TAV5.2, TAV5.3, TAV5.4). Die Zusendung der technischen Unterlagen kann per Post, E-Mail (max. 20MB) oder per FTP (https://www.filetransfer.admin.ch/) erfolgen. Aus Sicherheitsgründen ist der Zugang auf andere Plattformen nicht erlaubt. Sobald dem BAKOM alle erforderlichen Unterlagen zugestellt und das Dossier vollständig ist, kann eine Zulassung in der Regel in 1-2 Monaten erteilt werden. Die Kosten, welche das BAKOM für die Zulassung der Marktakteurin in Rechnung stellt, richten sich nach dem Arbeitsaufwand, welcher für die Bearbeitung der Zulassung anfällt. Die Bewertung der Zulassungsunterlagen erfolgt zum Zeitpunkt, an dem alle erforderlichen Dokumente und Informationen dem BAKOM vorliegen und gegenüber den zu diesem Zeitpunkt in Kraft stehenden gesetzlichen Anforderungen. Die zwei Schritte richten sich an Herstellerinnen, Händlerinnen und Importeurinnen. Die Kundin, also die für die Nutzung berechtigten Behörde, muss nicht involviert werden. Die Interaktionen erfolgen zwischen dem BAKOM und den Marktakteurinnen.

Vorführen von nicht zugelassener Sonderelektronik

Marktakteurinnen, welche noch nicht zugelassene Sonderelektronik ihren potentiellen Kunden vorführen möchten, können mittels entsprechenden Formular eine Bewilligung beim BAKOM einholen (gemäss Artikel 27a der Verordnung über Fernmeldeanlagen [FAV]). Es ist notwendig, die Messungen des Frequenzspektrums, das von der Sonderelektronik abgestrahlt wird, im Voraus zur Verfügung zu stellen. Diese Messungen können am Antennenanschluss durchgeführt werden, d. h. geleitet, wenn während der Vorführung nur ein Band gleichzeitig aktiv ist. Wenn bei der Vorführung mehrere Bänder gleichzeitig aktiv sind, müssen diese Messungen abgestrahlt mit den aktivierten Bändern durchgeführt werden. Die Messungen können von einem nicht akkreditierten Labor durchgeführt werden. Die Messungen müssen den Frequenzbereich vom 0,7-fachen der niedrigsten Nutzfrequenz bis zum 2,0-fachen der höchsten Nutzfrequenz abdecken. Screenshots des Spektrumanalysators sind ausreichend. Der Kreis der Kunden ist auf Behörden und Marktakteurinnen gemäss Artikel 27 Absatz 4 FAV begrenzt. Die durch das BAKOM erteilte Bewilligung wird zeitlich und örtlich beschränkt. Die Anwesenheit eines technischen Leiters gemäss Artikel 32 Absatz 2 der Verordnung über die Nutzung des Frequenzspektrums (VNF) stellt sicher, dass der Betrieb der vorzuführenden Funkanlage nur durch einen Spezialisten erfolgt. Weitere Auflagen wie z.B. eine Liste der an der Vorführung anwesenden Teilnehmenden sowie die Informationen an die anwesenden Teilnehmenden, dass es bei der vorgeführten Funkanlage um eine noch nicht zugelassene Funkanlage handelt und diese weder angeboten noch verkauft werden darf, werden in der Bewilligung aufgeführt.

Geltungsbereich der technisch administrativen Anforderungen (TAV)

TAV5.2: Fest installierte störende Anlagen
Die TAV5.2 legt die Bestimmungen fest für fest installierte störende Anlagen. Diese störenden Anlagen dürfen nur in Vollzugsanstalten und in Gefängnissen, in vom Nachrichtendienst des Bundes (NDB) genutzten Räumlichkeiten sowie in den Infrastrukturen der Armee und der Militärverwaltung betrieben werden. Innerhalb dieser Örtlichkeiten sind keine Störungen des Funkverkehrs ausserhalb der zu störenden Frequenzbänder erlaubt; ausserhalb dieser Örtlichkeiten sind keine Störungen im Frequenzspektrum erlaubt.

TAV5.3: Mobile störende Anlagen
Die TAV5.3 legt die Bestimmungen fest für mobile störende Anlagen. Diese umfassen alle störenden Anlagen, welche nicht unter TAV5.2 fallen.

TAV5.4: Ortungs- und Überwachungssysteme sowie Daten- und Sprechfunkanlagen
Die TAV5.4 legt die Bestimmungen fest für nicht störende Funkanlagen, die die grundlegenden Anforderungen der Verordnung über Fernmeldeanlangen (FAV) und / oder die Anforderungen an die Frequenznutzung aufgrund des besonderen Einsatzzweckes nicht erfüllen können. Die TAV5.4 kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn es keine konformen Funkanlagen auf dem Markt gibt, die denselben Zweck erfüllen.

Bespiele von Zulassungen

Grundsätzlich zulassungsfähig / zulassungspflichtig sind Funkanlagen, welche die grundlegenden Anforderungen und / oder die Anforderungen an die Spektrumsnutzung nicht einhalten können und nicht durch konforme Funkanlagen ersetzt werden können:

  • Störsender aller Art, IMSI-Catcher, …;
  • Funkanlagen auf zivilen Frequenzen (im NaFZ mit CIV bezeichnet), unabhängig davon, ob diese durch die Armee oder durch zivile Behörden betrieben werden;
  • Funkanlagen auf militärischen Frequenzen (im NaFZ mit MIL bezeichnet), sofern die Anlagen durch zivile Behörden betrieben werden.
     

Zulassungsfähig unter gewissen Bedingungen sind:

  • Drohnen
     

Nicht zulassungsfähig sind:

  • Radare zur Drohnenerkennung
  • omidirektionale GNSS Störsender

Nicht zulassungspflichtig sind:

  • Funkanlagen, die ausschliesslich auf militärischen Frequenzen (im NaFZ mit MIL, CIV/MIL bezeichnet) betrieben werden, sofern die Anlagen exklusiv von der Armee oder dem Zivilschutz benutzt werden.
     

Diese Aufzählungen sind nicht abschliessend.

Bewilligung für den Betrieb von Sonderelektronik

Will eine für die Nutzung berechtigte Behörde zugelassene Sonderelektronik betreiben, so muss eine Bewilligung beim BAKOM mittels entsprechendem Formular eingeholt werden. Eine Betriebsbewilligung kann in der Regel innerhalb eines Monats erteilt werden.

Export von Sonderelektronik ins Ausland

Sonderelektronik, welche durch Schweizer Markakteurinnen ausschliesslich auf dem ausländischen Markt angeboten und verkauft wird, ist von der Zulassungspflicht befreit. Dennoch benötigen diese Marktakteurinnen eine Bewilligung nach Artikel 27 der FAV (siehe Schritt 1), da diese ansonsten mit der Herstellung, dem Import oder dem Besitz von Störsendern gegen Artikel 32b des Fernmeldegesetzes (FMG) verstossen würden.

Kriegsmaterialgesetz (KMG)

Das BAKOM ist nicht zuständig für die Aspekte des Kriegsmaterialgesetzes (KMG) sowie der Kriegsmaterialverordnung (KMV). Dennoch sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass insbesondere störende Anlagen auch unter die Kategorie «KM 11» der KMV fallen. Es ist Sache der Marktakteurinnen sowie der Behörden nach Artikel 27 Absatz 4 FAV, dass sämtliche Aktivitäten im Zusammenhang mit störenden Anlagen im Einklang mit den Bestimmungen des KMG stattfinden. Die dafür zuständige Behörde ist das Staatsekretariat für Wirtschaft SECO.



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Letzte Änderung 31.01.2024

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