Durchbruch in der Übergabe der globalen Netzverwaltung

Vom 16. bis 22. Oktober 2015 fand das 54. ICANN-Meeting in Dublin statt. Im Mittelpunkt der Konferenz standen die Diskussionen zur Steigerung der Rechenschaftspflicht (Accountability) von ICANN was eine Voraussetzung für die Übergabe der historischen US-Aufsicht über ICANN ist, die für September 2016 vorgesehen ist. Bei der Accountability konnten beachtliche Fortschritte erzielt werden, welche aus Schweizer Perspektive insgesamt erfreulich sind.

Jorge Cancio, International Relations

Am 14. März 2014 hatte die US-Regierung angekündigt, dass sie ihre historische Aufsichtsrolle über ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), zugunsten einer "globalen" Regelung aufgeben wollen. Die ICANN lud daher die Multistakeholder-Community ein, Vorschläge einzubringen, um eine "globale Aufsicht" über das Internet zu schaffen. Dafür bildete sich die IANA Stewardship Transition Coordination Group (ICG), welche die Vorschläge der Operational Communities koordiniert und letzten September einen ersten Vorschlag einer öffentlichen Konsultation unterzog.

Eine Bedingung der USA für die Aufgabe ihrer Aufsicht ist eine Verbesserung der Rechenschaftspflicht (Accountability) von ICANN. Im Dezember 2014 bildete sich daher eine CCWG-Accountability (Cross Community Working Group), mit Vertretern aller ICANN-Suborganisationen, inklusive des Regierungsbeirats GAC, die sich seitdem mit der Verbesserung der Rechenschaftspflichten von ICANN befasst.

Fortschritte in der Accountability-Frage

In Dublin standen zahlreiche ungelöste Accountability-Fragen in dem Vordergrund. Beim zukünftigen rechtlichen Modell gelang eine vorläufige Einigung auf das sog. "Sole Designator Modell". Durch dieses soll die Community gewisse Rechte wahrnehmen können, die nach einer Eskalationsprozedur und als letzter Weg auch gerichtlich durchsetzbar wären. Diese Rechte umschliessen insbesondere:

  1. die Blockierung des Budgets;
  2. die Genehmigung von Änderungen der Statuten;
  3. die Abberufung des Verwaltungsrats sowie einzelner Ratsmitglieder
  4. die Kontrolle von bestimmten Ratsentscheiden bezüglich der Verwaltung der Internet-Kernressourcen.

Beim Entscheidprozess zur Ausübung der Community-Rechte wurde ein dreistufiges Verfahren definiert, welches die gesamte Community einbezieht und auf Konsensbildung und -findung abzielt.

Der Regierungsbeirat (GAC) im Zeichen des "Stress Test 18"

Die Diskussionen im GAC waren ebenfalls von den Arbeiten und Vorschlägen der CCWG-Accountability geprägt. Besonders umstritten war ein aus dem sog. "Stress Test 18" resultierender Vorschlag, die Behandlung von GAC-Advices durch das Board abzuändern. Konkret zielt der Vorschlag darauf ab, die Schlichtungsprozedur zwischen GAC und Board nur anzuwenden, wenn der Rat des GAC im Konsens verabschiedet wurde.

Trotz den zeitweilig entgegengesetzten Positionen konnte das GAC nach langer Deliberation eine einvernehmliche Lösung finden: Das Konsensverfahren für das GAC soll in den Statuten verankert werden. Zugleich soll es dem GAC selbst überlassen werden, wie es den Konsens definiert. Das Board soll den GAC-Advice nicht wie bisher mit einfacher Mehrheit, sondern mit qualifizierter Zweidrittelmehrheit ablehnen müssen - was im Endeffekt die Wirkung der GAC-Entscheide stärken würde.

Schweiz als Brückenbauerin

Die Polarisierung der GAC-Mitglieder beim "Stress Test 18" stellte die Schweiz als GAC-Vorsitz vor signifikante Herausforderungen. Wie schon in früheren Sitzungen galt es, die Handlungsfähigkeit des GAC aufrechtzuerhalten und gegenüber der restlichen Community als konstruktiven Akteur zu positionieren. Die Schweiz nahm während der gesamten Konferenz ihre Rolle als Brückenbauerin wahr und lenkte die Debatte in konstruktive Bahnen.

Die ICANN

Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) ist eine private internationale Organisation mit Sitz in Los Angeles (USA). Sie ist zuständig für die Verwaltung und Koordination des Internet-Domain-Namen-Systems (DNS). Die Rolle der ICANN und auch des GAC hat in den letzten Jahren durch die Zulassung von über 1'000 neuen Domainnamen (wie z.B. ".swiss") an Bedeutung gewonnen. Seit Oktober 2014 ist der Schweizer Thomas Schneider, stellvertretender Leiter des internationalen Dienstes des BAKOM, Vorsitzender des GAC. 

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Letzte Änderung 19.01.2016

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