Ende des vergangenen Jahres verabschiedete die Weltfunkkonferenz 2023 das aktualisierte internationale Abkommen zur Frequenznutzung, das Radioreglement. Es regelt auf globaler Ebene die Nutzung der Frequenzressourcen für sämtliche Funkanwendungen. Insbesondere in den Bereichen Mobilfunk, Satelliten, Aviatik und Wissenschaft konnten richtungsweisende Einigungen erzielt werden.
René Tschannen, Abteilung Konzessionen und Frequenzmanagement
Weltfunkkonferenzen werden alle drei bis vier Jahre durch den Radio-Sektor der internationalen Fernmeldeunion (ITU-R), einer Unterorganisation der Vereinten Nationen, veranstaltet. Die Weltfunkkonferenz 2023 (WRC-23) fand vom 20. November bis 15. Dezember 2023 in Dubai statt. Es nahmen über 3900 Delegierte aus 163 Mitgliedsstaaten teil. Präsidiert wurde die Konferenz von Mohammed Al Ramsi (Vereinigte Arabische Emirate). Eine Delegation des BAKOM vertrat unter der Leitung von Philippe Horisberger (stellvertretender Direktor des BAKOM) die Interessen der Schweiz.
An der letztjährigen Ausgabe wurden über 2840 Vorstösse der 193 UNO-Mitgliedstaaten behandelt. Die aktuell angespannte geopolitische Lage war während der gesamten vierwöchigen Konferenz deutlich spürbar. Entsprechend konnten wichtige Entscheidungen erst unter grossem Zeitdruck in den letzten Tagen der Konferenz erzielt werden.
Aus Schweizer Sicht sind die folgenden Konferenzergebnisse erwähnenswert:
Anlässlich der WRC-23 gelang es nicht, das obere 6-GHz-Band auf einer globalen Basis für Mobilfunk (IMT) zu identifizieren. Eine solche Identifikation hätte in den sogenannten Mid-Bands eine weltweite Einführung der 5G- und 6G-Mobilfunktechnologie ermöglicht. Zwar haben sich zahlreiche Staaten für eine IMT-Identifikation entschieden, wichtige Akteure wie China, Indien oder die USA jedoch nicht.
In Europa ist der Frequenzbereich 6425-7125 MHz neben den bereits bestehenden Funkdiensten neu auch IMT und RLAN (WiFi) zugewiesen worden. Auf europäischer Ebene werden nun in den kommenden Jahren Studien durchgeführt, um zu ermitteln, inwieweit und auf welche Weise IMT, RLAN und die bereits bestehenden Richtfunk- und Satelliten-Funkdienste nebeneinander existieren können. Die Ergebnisse dieser Studien dürften erst in ein paar Jahren vorliegen.
In den ITU-Regionen 2 (Grönland, Nord- und Südamerika) und 3 (Asien und Ozeanien) werden gewisse Frequenzbereiche des UHF-Bandes (470-694 MHz) bereits von vielen Staaten für IMT genutzt. Anlässlich der WRC-23 haben zusätzliche Mitglieder der ITU, darunter die arabischen Staaten, eine Mobilfunkzuweisung im Band 614-694 MHz erhalten.
Gemäss Beschluss werden die europäischen Staaten an der übernächsten Weltfunkkonferenz im Jahre 2031 erneut überprüfen, ob Teile des UHF-Bandes auch in Europa für IMT genutzt werden könnten. Dort wird der Frequenzbereich 470-694 MHz noch intensiv für die digitale terrestrische TV-Verbreitung mittels DVB-T genutzt, während diese Funkanwendung in der Schweiz bereits weitgehend abgeschaltet worden ist. Es zeichnet sich ab, dass der Druck auf Europa steigen wird, das Frequenzsegment 614-694 MHz ebenfalls für IMT zu identifizieren.
Die WRC-23 hat eine Empfehlung zuhanden der 193 UNO-Mitgliedstaaten zum besseren Schutz satellitenbasierter Navigationssysteme, unter anderem auch des europäischen Systems Galileo, verabschiedet. Mittels geringfügiger Einschränkungen beim Amateurfunkdienst lässt sich der Schutz dieser Systeme verbessern.
Während der letzten drei Weltfunkkonferenzen suchte die Weltgemeinschaft nach Lösungen, um grössere unbemannte Luftfahrzeuge, wie beispielsweise Drohnen, über kommerzielle Satellitenverbindungen zu steuern. Aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen im Luftfahrtsektor kam die WRC-23 jedoch zum Schluss, dass eine tragfähige Lösung zu diesem Tagungspunkt nicht möglich sei. Die diesbezüglichen Aktivitäten wurden daher nach über zwölf Jahren definitiv eingestellt.
Aufgrund der stark wachsenden Aktivitäten im Satellitensektor drängen sich Anpassungen im Bereich der Satellitenregulierung auf. An der WRC-23 wurden eine Vielzahl von Tagesordnungspunkten diskutiert, die zu einer verbesserten Satellitenkonnektivität aber auch zu einer stärkeren Harmonisierung von Weltraumanwendungen führen sollen. Ebenfalls im Fokus der WRC-23 stand die Koexistenz von Satellitenanwendungen mit verschiedenen Funkdiensten.
Die Bedeutung satellitenbasierter wissenschaftlicher Dienste nimmt stark zu. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel und für Wetterprognosen werden satellitenbasierte Erdbeobachtungssysteme immer wichtiger. An der WRC-23 wurde ein neuer Funkdienst "Space Weather" definiert. Unter diesem Dienst werden satellitenbasierte Systeme subsumiert, welche die Auswirkungen der Sonnenaktivität auf die Erdatmosphäre und die Umwelt der Erde beobachten.
Ein fester Bestandteil jeder Weltfunkkonferenz ist die Festlegung der Tagungspunkte für die beiden nachfolgenden Weltfunkkonferenzen. Für die WRC-27 wurden unter anderem "direct-to-device"-Systeme traktandiert. Es handelt sich hierbei um die Absicht, handelsübliche Mobilfunkendgeräte über die für den Mobilfunk harmonisierten Frequenzbänder (unter Verwendung der IMT-Technologie) direkt an Satelliten anzubinden. Bislang fehlen für solche Funkanwendungen international harmonisierte Frequenzzuweisungen.
Weiter ist das Störpotential solcher direkter Satellitenverbindungen auf andere Funkanwendungen heute noch unbekannt und muss vorgängig auf internationaler Ebene studiert werden. In der Schweiz können "direct-to-device"-Anwendungen erst zugelassen werden, wenn die erforderlichen technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen vorhanden sind.
Im Rahmen eines weiteren Tagespunktes soll an der WRC-27 auch entschieden werden, ob weitere Frequenzbänder für die IMT-basierte Mobilfunkkommunikation im Bereich von 7-8 GHz identifiziert werden können. Für Europa ist dieser Tagungspunkt kritisch. Denn es handelt sich dabei um Frequenzbänder, die für militärische Anwendungen der NATO eingesetzt werden. Das Schweizer Militär ist davon ebenfalls betroffen. Damit ist ein Schwerpunkt der Schweiz hinsichtlich der Vorbereitungen auf die nächste Weltfunkkonferenz, die WRC-27, bereits bekannt.
Als Grundlage für die Weltfunkkonferenzen dient das Radioreglement. Dieses internationale Abkommen enthält die während Weltfunkkonferenzen anzuwendenden regulatorischen Grundsätze und legt die Frequenzzuweisungen für die drei ITU-Regionen fest. Zudem definiert das Radioreglement auch die Nutzung der Satelliten-Orbitalpositionen. Es hat den Status eines internationalen völkerrechtlichen Vertrages und Anpassungen können ausschliesslich während Weltfunkkonferenzen erfolgen. Im Anschluss an Weltfunkkonferenzen ratifiziert der Bundesrat das aktualisierte Radioreglement. Damit übernimmt die Schweiz die völkerrechtlichen Verpflichtungen in das nationale Recht.
Die rasanten Entwicklungen im Bereich der drahtlosen Kommunikation resultieren in einem weltweit stark steigenden Bedarf an Funkspektrum. Da das Funkspektrum aus physikalischen Gründen eine begrenzt verfügbare Ressource darstellt, muss dessen Nutzung auf eine faire und effiziente Weise zwischen den einzelnen Ländern und Regionen der Welt geregelt werden. Ziel der Weltfunkkonferenzen ist es zum einen, funktechnische Störungen zwischen den zahlreichen drahtlosen Funkanwendungen zu vermeiden und zum andern, allen Ländern einen gleichberechtigten Zugang zum Funkspektrum zu ermöglichen.
Anlässlich der Konferenzen wird die Verteilung der Funkfrequenzen auf einer globalen Basis abgestimmt und eine Segmentierung auf unterschiedliche Funkdienste sowie eine Zuweisung dieser Funkdienste auf die drei ITU-Regionen 1 (Europa, Afrika, Naher Osten, Russland und Mongolei), 2 (Grönland, Nord- und Südamerika) und 3 (Asien und Ozeanien) vorgenommen.
Letzte Änderung 23.04.2024