Weltfunkkonferenz 2012: Aktualisiertes internationales Abkommen zur Frequenznutzung

Zu Beginn dieses Jahres verabschiedete die Weltfunkkonferenz 2012 (WRC-12) das aktualisierte internationale Abkommen zur Frequenznutzung (Radio-Reglement). Dieses Abkommen regelt auf globaler Ebene die Nutzung der Frequenzressourcen für sämtliche Funkanwendungen sowie der Satelliten-Orbitalpositionen.

René Tschannen, Abteilung Frequenzmanagement

Weltfunkkonferenzen werden alle 3 bis 4 Jahre durch den Radio-Sektor der internationalen Fernmeldeunion (ITU R), einer Unterorganisation der Vereinten Nationen, organisiert. Die WRC-12 fand vom 23. Januar bis 17. Februar 2012 in Genf statt. Es nahmen über 3‘000 Delegierte aus 165 Mitgliedsstaaten der ITU und über 100 Beobachter teil. Präsidiert wurde die Konferenz von Tariq Al Awadhi (Vereinigte Arabische Emirate).

Die Entwicklung im Bereich der Funkdienste resultiert in einem weltweit rasant steigenden Bedarf an Funkspektrum. Da das Funkspektrum physikalisch bedingt eine begrenzte Ressource darstellt, muss es zur Nutzung zwischen den einzelnen Ländern und Regionen der Welt aufgeteilt werden. Anlässlich der Weltfunkkonferenzen wird die Verteilung der Funkfrequenzen auf einer globalen Basis abgestimmt und eine Segmentierung auf unterschiedliche Funkanwendungen sowie eine Zuweisung des Spektrums auf die drei ITU-Regionen 1, 2 und 3 vorgenommen. Dabei beinhaltet die ITU-Region 1 Europa, Afrika, den Mittleren Osten, den Mittleren Westen, den Persischen Golf, Russland und die Mongolei. Die ITU-Region 2 umfasst Grönland, Nord- und Südamerika sowie die ITU-Region 3 Asien und Australien.

Abb.1: Die drei Regionen der ITU
Abb.1: Die drei Regionen der ITU

Das Radio-Reglement bildet die Grundlage für Weltfunkkonferenzen. Es enthält die anzuwendenden regulatorischen Grundsätze und legt die Frequenz-Zuweisungen für die drei ITU-Regionen fest. Zudem definiert das Radio-Reglement die Nutzung der Satelliten-Orbitalpositionen. Anpassungen können ausschliesslich während den periodisch stattfindenden WRC's vorgenommen werden. Anlässlich der Weltfunkkonferenzen ist man darum bemüht sicherzustellen, dass zum Einen funktechnische Störungen zwischen den zahlreichen drahtlosen Anwendungen vermieden werden und zum Andern alle Ländern der Erde einen gleichberechtigten Zugang zum Funkspektrum erhalten. Die an einer Weltfunkkonferenz diskutierten Funkdienste lassen sich den fünf untenstehenden Kategorien zuordnen:

  • See- und Luftfahrtsfunk
  • Funkortung und Amateurfunk
  • Richtfunk, Mobilfunk und Rundfunk
  • Wissenschaftliche Funkdienste
  • Satellitenfunk

Ergebnisse der Weltfunkkonferenz 2012

Unbemannter ferngesteuerter Flugkörper (Quelle: Wikipedia)
Unbemannter ferngesteuerter Flugkörper (Quelle: Wikipedia)

Im Folgenden wird auf nennenswert erscheinende Funkdienste eingegangen, für welche an der WRC-12 sowohl frequenztechnische als auch regulatorische Lösungen gefunden werden konnten:

Für die Zivilluftfahrt wird für den Zeitraum 2015-2025 eine Verkehrszunahme von 2.5 bis 4% prognostiziert. Entsprechend meldete die Zivilluftfahrt im Vorfeld der WRC-12 einen Bedarf an zusätzlichen Frequenzressourcen für die Kommunikation zwischen den Flugzeugen und den Bodenstationen an.
In den Bändern 112-117.975 MHz und 960-1164 MHz hat die WRC-12 neue Frequenz-Zuweisungen für solche Dienste beschlossen.

Die Bedeutung unbemannter ferngesteuerter Flugkörper (UAS = Unmanned Air Systems) dürfte in den kommenden Jahren stark zunehmen. Anwendungsbeispiele sind neben der wissenschaftlichen Erderkundung und -beobachtung beispielsweise der Einsatz für landwirtschaftliche Zwecke (das Spritzen von Pestiziden), die Inspektion von Industrieanlagen in welchen gefährliche chemische Prozesse ablaufen, sowie unbemannte Frachtflugzeuge. Die WRC-12 hat im Frequenzband 5000-5150 MHz auf internationaler Ebene neue Frequenz-Zuweisungen zur Steuerung von UAS vorgenommen.

Unbemannter ferngesteuerter Flugkörper (Quelle: Wikipedia)
Unbemannter ferngesteuerter Flugkörper (Quelle: Wikipedia)

Die Radar-Interferometrie ist ein Verfahren, welches insbesondere im Bereich der Geophysik Verwendung findet. Mit Hilfe dieser Technologie ist es möglich, geringste tektonische Verschiebungen präzise zu messen. Es wird unterschieden zwischen flugzeug- und satellitenbasierten Radar-Interferometrie-Systemen. Dieses Verfahren benötigt verhältnismässig grosse Bandbreiten von zirka 300 MHz. Die WRC-12 hat den Frequenzbereich 15.4-15.7 GHz auf globaler Ebene für die Radio-Interferometrie festgelegt.

Erde umgeben von Weltraumschrott
Erde umgeben von Weltraumschrott

Systeme zur Lokalisation von Weltraumschrott. Die Erde ist mittlerweile von Hunderttausenden von Trümmerteilen umgeben. Diese stammen grösstenteils von veralteten bzw. defekten Satelliten und stellen eine erhebliche Gefahr für bemannte Weltraummissionen und neue Satelliten dar. Das Frequenzband 154-156 MHz wurde von der WRC-12  als geeignetes Band zur Lokalisation von Weltraumschrott identifiziert.

Die Ergebnisse der WRC-12 sind insbesondere für die wissenschaftlichen Dienste (Radioastronomie, Erforschung der Erde, Umwelt- und Wettermessungen, Erforschung des Weltalls) erfreulich ausgefallen. Verschiedene bereits genutzte Frequenzbänder konnten erweitert werden, so beispielsweise das Band 7750-7900 MHz (früher 7750-7850 MHz), welches für Wettersatelliten verwendet wird.

Im Bereich des Mobilfunks kam es zu einem überraschenden Entscheid. Die afrikanischen Staaten (ATU) forderten an der WRC-12 für die ITU-Region 1 eine Erweiterung der Mobilfunk-Zuweisung im unteren UHF-Band. Hintergrund ist die Absicht Afrikas, in diesem Band eine kostengünstige drahtlose Internet-Infrastruktur auf der Basis moderner Mobilfunktechnologien aufzubauen. Dieses Anliegen führte an der WRC-12 zu kontroversen und langwierigen Diskussionen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Erweiterung der Mobilfunk-Zuweisung nicht Teil der WRC-12 Agenda war.

Schliesslich verabschiedete die WRC-12 eine Resolution, welche in der Region 1 eine Erweiterung des Mobilfunk-Bandes in den Frequenzbereich 694-790 MHz vorsieht. Diese neue Frequenzzuweisung wird im Anschluss an die nächste Weltfunkkonferenz (WRC-15) in Kraft treten.
Die in der ITU-Region 1 vorgesehene Erweiterung der Mobilfunk-Zuweisung in das untere UHF-Band führt zu einer weltweiten Harmonisierung. Denn in den anderen zwei ITU-Regionen bestehen bereits seit langem entsprechende Zuweisungen.

In der ITU-Region 1 bleibt die Rundfunk-Zuweisung im UHF-Band unverändert bestehen. Der Frequenzbereich 694-790 MHz wird in Europa (CEPT-Staaten) intensiv durch das digitale terrestrische Fernsehen DVB-T genutzt. Zudem befinden sich in diesem Frequenzband auch die wichtigen sekundären drahtlosen Mikrofon-Dienste. Die europäischen Verwaltungen werden in diesem Jahrzehnt entscheiden müssen, ob sie im Frequenzband 694-790 MHz weiterhin Rundfunkdienste betreiben wollen oder doch eher die Einführung von Mobilfunkdiensten favorisieren.

Änderungen der Mobilfunk-Zuweisung im UHF-Band 470-862 MHz (Quelle: BAKOM)
Änderungen der Mobilfunk-Zuweisung im UHF-Band 470-862 MHz (Quelle: BAKOM)

Die an der WRC-12 erzielten Ergebnisse können aus Sicht der Schweiz positiv gewertet werden. Das BAKOM hat die vom Bundesrat vorgegebenen Verhandlungsziele vollumfänglich erreicht.

Globale Vorbereitungen auf eine Weltfunkkonferenz

Die einflussreichen Wirtschaftsregionen dieser Welt haben längst erkannt, dass die an den Weltfunkkonferenzen gefällten Entscheidungen von vitalem Interesse für die Entwicklung ihrer Märkte sind. Daher bemühen sie sich zunehmend, die Entscheidungen an den Weltfunkkonferenzen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Stimmberechtigt sind jedoch nicht die Interessensvertreter aus der Wirtschaft, sondern die an der Konferenz teilnehmenden Verwaltungen.

Entscheidungen an Weltfunkkonferenzen erfolgen auf der Basis eines gemeinsamen Konsenses. Gelingt es nicht, zwischen den beteiligten Verwaltungen beziehungsweise zwischen den ITU-Regionen einen Konsens herbeizuführen, so kommt es in sehr seltenen Fällen zu einer Abstimmung. Dabei gilt das Mehrheitsprinzip der stimmberechtigten Verwaltungen, das heisst eine Stimme pro Land.

Innerhalb der drei ITU-Regionen haben sich sechs Organisationen gebildet.

In der ITU-Region 1:

  • CEPT: Conférence Eruopéenne des Administrations des Postes et des Télécommunications
  • RCC: Regional Commenwealth in the field of Communications  
  • ASMG: Arab Spectrum Managment Group
  • ATU: African Telecommunications Union

In der ITU-Region 2:

  • CITEL: Inter-American Telecommunication Commission

In der ITU-Region 3:

  • APT: Asia Pacific Telecommunity

Die Agenda-Punkte einer Weltfunkkonferenz werden jeweils anlässlich der vorhergehenden Weltfunkkonferenz festgelegt. Die Schwerpunktthemen einer WRC sind somit bereits 3 bis 4 Jahre im Voraus bekannt. Jede der sechs Organisationen bereitet sich eigenständig auf eine Weltfunkkonferenz vor. Während 3 bis 4 Jahren entwickeln diese Organisationen zu jedem Agenda-Punkt ihre Standpunkte. Es resultieren die so genannten "Common Proposals". So ist in Europa beispielsweise das "Electronic Communications Committe" (ECC) der CEPT für die Entwicklung der "European Common Proposals" verantwortlich bzw. dessen Untergruppe die "Conference Preparatory Group" CPG.

Die Entwicklung der "Common Proposals" innerhalb der sechs Organisationen hat zur Folge, dass die am Prozess beteiligten Verwaltungen sich um gemeinsame Kompromisse bemühen müssen. Weichen einzelne Administrationen mit ihrer Meinung von einer Position ab, welche von der Mehrheit getragen wird, so setzen sie sich einem Gruppendruck aus. Dieser Mechanismus führt dazu, dass divergierende Meinungen unter den Administrationen und Regionen "ausnivelliert" werden. Auf diese Weise entstehen innerhalb dieser sechs Organisationen "harmonisierte Positionen" zu den einzelnen Agenda-Punkten.

Während einer WRC treffen die unterschiedlichen Standpunkte (Common Proposals) der sechs regionalen Organisationen aufeinander. Da die Problemstellungen technisch und regulatorisch meist sehr komplex sind, benötigen die an der WRC teilnehmenden Verwaltungen rund einen Monat, um ihre Standpunkte einander anzunähern und für alle Parteien akzeptable Kompromisse zu entwickeln.

Bedeutung des Funkspektrums

Für die Wirtschaft, die Konsumenten und die Sicherheit der Weltbevölkerung ist es unerlässlich, dass eine breite Palette von Funktechnologien und -diensten zur Verfügung gestellt wird. Mit Hilfe dieser Technologien und Dienste werden Verbindungen in öffentlichen und privaten Telekommunikationsnetzen hergestellt. Sie gewährleisten die Effizienz und Sicherheit des See-, Luft- und Landverkehrs; schaffen die Voraussetzungen für die Übertragung von Informations- und Unterhaltungssendungen; ermöglichen Wettervorhersagen; unterstützen den Umweltschutz und erfüllen zahlreiche andere Funktionen, auf welche die moderne Gesellschaft angewiesen ist. All diesen Funkdiensten ist gemeinsam, dass sie miteinander im Wettbewerb um Funkfrequenzen stehen, die eine begrenzte Ressource darstellen.

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Letzte Änderung 14.06.2012

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