Light Fidelity: Wenn aus Licht drahtlose Kommunikation wird

Light Fidelity (LiFi) verwendet statt des herkömmlichen Funkfrequenzspektrums das Spektrum des sichtbaren Lichts für die drahtlose Kommunikation. Dieses ist grösser als bei Funkwellen und ermöglicht es LiFi-Systemen, Kommunikationsverbindungen mit hohen Datenübertragungsraten zu garantieren, die Funkfrequenzübertragung im Nahbereich zu ergänzen und idealerweise das Funkspektrum zu entlasten. Das Spektrum des sichtbaren Lichts ist nicht reglementiert und erfordert keine Lizenzen. Wo liegen die Herausforderungen und Chancen dieser neuen Technologie, wie weit sind die Normen gediehen und welche Produkte sind bereits erhältlich?

Dr. Ivica Stevanovic, Konzessionen und Frequenzmanagement

LiFi steht für «Light Fidelity» und ist eine Form der bidirektionalen, vernetzten, mobilen, breitbandigen Drahtloskommunikation. Sie ist das Äquivalent zu Wireless Fidelity (Wi-Fi), nutzt jedoch optisches Licht statt des zunehmend überlasteten Funkfrequenzspektrums. Ähnlich wie bei Wi-Fi können mit dieser Technologie verschiedene webfähige Geräte wie Computer, Drucker, Smart-TVs oder Smartphones mit dem Internet und WiFi-taugliche Gegenstände wie Kühlschränke, Uhren oder Kameras miteinander verbunden werden («Internet of Things», IoT). Ausserdem können dadurch das Mobilfunknetz entlastet und so die Kapazitäten für mobile Breitbandanschlüsse ausgebaut werden.

LiFi ergänzt bestehende und neue drahtlose Systeme (Quelle: pureLiFi).
LiFi ergänzt bestehende und neue drahtlose Systeme (Quelle: pureLiFi).

Vorteile der neuen Technologie

Cisco zufolge soll der mobile Datenverkehr bis 2021 weltweit auf 49 Exabytes (1 Million Terabytes) pro Monat anwachsen, was gegenüber 2016 eine Versiebenfachung darstellt. Der Bedarf an drahtlosem Breitbandzugang nimmt stetig. Damit wird das Funkfrequenzspektrum, das beschränkt ist, immer stärker belastet. Die potenzielle Bandbreite des sichtbaren Lichts (400 THz bis 780 THz) ist tausend Mal grösser als jene des Funkfrequenzspektrums und des Mikrowellenbereichs (3 kHz und 300 GHz). Somit steht ein grosser Teil des nicht reglementierten Spektrums zur Verfügung, um die drahtlose Datenübertragung im Nahbereich zu ergänzen und das Funkfrequenzspektrum zu entlasten.

Prognosen für die Entwicklung des mobilen Datenverkehrs bis 2021 (Quelle: Cisco).
Prognosen für die Entwicklung des mobilen Datenverkehrs bis 2021 (Quelle: Cisco).

Wie funktioniert LiFi?

Ein typisches LiFi-System besteht aus einer Lichtquelle (Transmitter/Sender) und einem Lichtdetektor (Empfänger). Senderseitig werden die Daten durch rasche Veränderungen in der Lichtintensität eingeführt (Modulation) und somit Lichtimpulse erzeugt, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Diese Impulse werden vom Lichtdetektor aufgefangen und als Nullen und Einsen in elektrische Signale umgewandelt (Demodulation), damit die Daten danach vom Computer oder dem mobilen Gerät genutzt werden können.

Für die meisten Innenraum-Anwendungen sind Leuchtdioden (LED) die am besten geeigneten Lichtquellen, da sie kostengünstig und energieeffizient sind. Sie ersetzen Glühbirnen als primäre Lichtquellen in Wohnungen und im öffentlichen Bereich. Bereits 2018 soll die Mehrheit der neuen energieeffizienten Beleuchtungssysteme auf LED beruhen. Für eine höhere Geschwindigkeit und längere Distanzen scheinen Laserdioden die bessere Wahl zu sein.

Nutzen und Vorteile von LiFi

In der letzten Zeit wurde Kommunikation über optisches Licht als Ergänzung zu funkgestützter Kommunikation immer beliebter. Die wichtigsten Gründe:

  • Räumliche Wiederverwendung: Das Licht durchdringt Gebäudewände nicht und kann zum gewünschten Arbeitsbereich gelenkt werden. Das erlaubt eine höhere räumliche Wiederverwendung des Spektrums als bei der funkgestützten Kommunikation.
  • Sicherheit: Sichtbares Licht kann klar eingegrenzt werden, die Reichweite kann genau definiert werden. Die Kommunikation wird dadurch sicherer, weil Daten nicht von ausserhalb des Raumes oder des Gebäudes abgefangen werden können.
  • Elektromagnetische Störungen: Optisches Licht an sich verursacht keine elektromagnetischen Störungen. Deshalb eignet es sich besonders gut für den Einsatz in Flugzeugen und Spitälern sowie insbesondere in Industriezonen mit Explosionsgefahr wie z. B. in Kernkraftwerken oder auf Öl- und Gasförderplattformen. LED-Leuchten müssen jedoch richtig installiert sein, damit sie keine elektromagnetischen Störungen verursachen, wie neuste Messungen der Europäische Rundfunkunion (EBU) zeigen.
  • Schutz: Grundsätzlich stellt optisches Licht keine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. Manche Studien zeigten, dass das Flackern der Lichtquelle ein Risiko darstellen kann, da es eine biologische Reaktion hervorrufen kann (photosensitive Epilepsie). Ausserdem soll das grelle Licht gewisser blauer LED psychologische Auswirkungen haben, beispielsweise auf den menschlichen Schlaf oder auf nachtaktive Tiere.
  • Komplexität: Da LiFi eine nicht kohärente Kommunikationsform ist, sind die Komponenten sowohl der Transmitter als auch der Empfänger relativ einfache und kostengünstige Geräte.
  • Bestehende Infrastruktur: LiFi kann mithilfe von ein paar zusätzlichen, relativ einfachen und kostengünstigen Komponenten in bestehende Beleuchtungssysteme integriert werden.
  • Energieeffizienz: LiFi wird mit LED-Beleuchtung kombiniert. Da LED energieeffiziente und sehr gut kontrollierbare Lichtquellen sind, zählt LiFi zu den umweltfreundlichen Kommunikationstechnologien.

Herausforderungen und Grenzen von LiFi

Die Vorteile von LiFi gegenüber funkgestützten Kommunikationssystemen liegen auf der Hand. Nichtsdestotrotz gibt es für LiFi zahlreiche Herausforderungen und Grenzen. Die wichtigsten Punkte:

  • Reichweite und Abschirmung: Die Lichtquellen haben eine beschränkte Übertragungsreichweite und erfordern eine direkte Sichtverbindung zwischen dem Transmitter und dem Empfänger, damit hohe Übertragungsraten möglich sind. Steht ein Gegenstand oder eine Person dazwischen, nimmt die optische Leistung ab, was zu einer starken Verringerung der Datenrate oder gar zu einem Signalverlust führt.
  • Uplink: LiFi über LED-Beleuchtung besitzt in erster Linie Sende-Eigenschaften und eignet sich grundsätzlich für den «Downlink», also vom Sender zum Nutzenden. Eine Uplink-Verbindung über sichtbares Licht wäre für mobile Geräte aufgrund ihrer geringen Akkulaufzeit nicht effizient. Um diese Herausforderung zu meistern, sind andere Kommunikationsarten wie Infrarot oder Funk optimaler.
  • Lichtinterferenz: Andere künstliche oder natürliche Lichtquellen verursachen Interferenzen, erhöhen den Rauschpegel des Lichtdetektors und können sogar zu einer Übersättigung des Empfängers führen.
  • Lights-off-Modus: LiFi-Anwendungen, die auf LED-Beleuchtung basieren, bieten sich eher in Bereichen mit ständiger Beleuchtung an (im industriellen oder medizinischen Bereich, in öffentlichen Verkehrsmitteln). Gewisse Übertragungen mit tiefer Datenrate können auch mit LED erfolgen, die nur eine geringe, für das menschliche Auge nicht sichtbare Lichtmenge abgeben.
  • Backhaul-Integration: Jede LED muss mit dem Internet verbunden sein. Deshalb können die Kosten für die Kabelinfrastruktur (wie Ethernet, Faser usw.) zu jeder Leuchtdiode sehr hoch sein.
  • Vermarktung: Zwei unterschiedliche Industrien müssen zusammenarbeiten: einerseits die LED-Hersteller, die das Design ihrer Lampen und Fassungen anpassen müssen, andererseits die Hersteller von mobilen Geräten, die Hochgeschwindigkeits-Transceiver mit Photodioden in ihre Geräte einbauen müssen.

Hohe und niedrige Datenraten möglich

Die LiFi-Technologie kann Hochgeschwindigkeitsinternet liefern. Ausserdem kann es die Gerätekommunikation mit niedriger Datenrate unterstützen. Die höchsten Datenübertragungsraten haben bisher Wissenschaftler der Universität Oxford (UK) erzielt. Unter Verwendung von Spitzentechnologie und unter Laborbedingungen wurden bidirektionale Verbindungen mit 224 Gbps über eine Distanz von drei Metern aufgebaut. Als Vergleich: Ein HD-Film hat ca. eine Grösse von 1,5 Gigabyte. Mehrere von diesen Filmen könnten per LiFi in einer Sekunde heruntergeladen werden.

Forscher des Berliner Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts haben einen Prototyp vorgestellt, der mit kostengünstiger, im Handel erhältlicher Hardware gebaut wurde und bidirektionale Verbindungen von 200 Mbps auf einer Distanz von zwei Metern zwischen Decke und Schreibtisch erreicht. Weiter hat das Disney-Research-Lab in Zürich ein Gerätekommunikations-System mit dem Namen «EnLighting» präsentiert, bei dem mit Photodioden und Mikro-Controllern verstärkte LED-Glühbirnen verwendet werden, um eine Kommunikation mit geringer Datenrate (bis zu 600 bps) im Hinblick auf das Internet der Dinge zu unterstützen.

Derzeit gibt es einige Prototypen und bereits auf dem Markt erhältliche Produkte mit einer relativ guten Übertragungsrate bei der Internetverbindung. Ein Beispiel ist «Orès LiFi», ein vollständig industrialisiertes LiFi-System, das ein komplettes WLAN mit bidirektionalen Übertragungsraten von bis zu 42 Mbps ermöglicht. Es besitzt eine Handover-Funktion, damit die Verbindung stabil bleibt, auch wenn sich die Nutzenden von einer Lichtquelle zur anderen bewegen. Das System wird von «pureLiFi» (einem Start-up-Unternehmen der Universität Edinburgh) und der französischen «Lucibel» (einer Spezialistin für Beleuchtungslösungen mit LED-Technologie) gemeinsam entwickelt und vermarktet.

Wie steht es mit den Normen?

Das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) arbeitet derzeit an der Normung der LiFi-Technologie. Dafür wird der IEEE-Standard 802.15.7 aktualisiert, der die Kommunikation über Infrarot, sichtbare Wellenlängen und ultraviolettes Licht regelt. Die Arbeiten sollen Ende 2017 abgeschlossen sein.

Im November 2016 hat das IEEE eine sogenannte Topic Interest Group (TIG) formiert, um Tätigkeiten zur LiFi-Normung aufzunehmen und LiFi in den WLAN-Standard 802.11 zu integrieren. Die Studiengruppe SG15 der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) untersucht gegenwärtig ausserdem optische Highspeed-Kommunikationssysteme (100 Mbps bis 1 Gbps) und deren allgemeine Eigenschaften, Wellenlängen-Raster, Architektur, Schnittstellen und Protokolle. Die Arbeiten befinden sich noch in einem frühen Stadium.

Ausserdem hat eine ITU- Arbeitsgruppe mit der Erarbeitung eines Berichts über die Spektrumsverwaltung bei der optischen Datenkommunikation begonnen.

Blick in die Zukunft

Laut einer Marktforschungsstudie von «Markets and Markets» von 2015 soll die LiFi-Technologie bis 2020 einen Marktwert von 8,5 Milliarden US-Dollar erreichen. Heute gibt es mehrere Produkte und einige Prototypen, die kurz vor der Markteinführung stehen. Die Technologie ist vielversprechend und viele wichtige Akteure ziehen sie in Betracht: So implementiert Microsoft die Lösung von Lucibel und pureLiFi in seinem Innovationszentrum in Frankreich. Die NASA hat angekündigt, die mögliche Verwendung von LiFi in Raumsonden zu untersuchen, um so Sicherheit, Komfort und Lebensqualität von Astronautinnen und Astronauten zu verbessern.

LiFi-Technologie nutzt das nicht regulierte Spektrum des sichtbaren Lichts, für das keine Lizenz benötigt wird. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass LiFi-Systeme kein Gesundheitsrisiko darstellen und richtig installiert werden, damit sie keine elektromagnetischen Störungen verursachen. LiFi bietet zahlreiche Vorteile, doch sind noch grosse Herausforderungen zu meistern, bevor sie ein Teil der alltäglichen Drahtloskommunikation wird.

Fachkontakt
Letzte Änderung 10.04.2017

Zum Seitenanfang

https://www.bakom.admin.ch/content/bakom/de/home/das-bakom/medieninformationen/bakom-infomailing/bakom-infomailing-44/light-fidelity-wenn-aus-licht-drahtlose-kommunikation-wird.html