Service-Public-Medien in Europa

Die Digitalisierung hat die nationalen Radio- und Fernsehmärkte stark verändert. Gleichzeitig nimmt der politische Druck auf die öffentlich-rechtlichen Medienanbieter in vielen europäischen Ländern zu. Das BAKOM hat unter den europäischen Medienregulierungsbehörden eine Umfrage zu Service public unter digitalen Bedingungen durchgeführt.

Samuel Studer, Abteilung Medien

Öffentlich-rechtliche Medienhäuser wie die SRG sind in den letzten Jahren in vielen europäischen Ländern unter politischen Druck geraten. So wurden zum Beispiel die Budgets öffentlich-rechtlicher Radio- und Fernsehveranstalter gekürzt oder Public-Value-Tests (Erhebung des Nutzens für die Gesellschaft) zum Schutz der privaten Konkurrenz eingeführt. Zudem sehen sich viele öffentlich-rechtliche Medienhäuser mit der Forderung konfrontiert, ihre Leistungen stärker rechtfertigen zu müssen. Ein Grund für diese Entwicklung des öffentlichen Service public sind die durch die Digitalisierung veränderten Rahmenbedingungen in Medienmärkten.

Die Digitalisierung verändert die Medienmärkte

Durch die Digitalisierung ist es einfacher und billiger geworden, neue Radio- und Fernsehprogramme zu lancieren. Die Frequenzknappheit wurde entschärft und die technischen Produktionskosten inkl. Verbreitung sind gesunken. Technisch und ökonomisch können mehr Veranstalter Radio- und Fernsehprogramme produzieren und verbreiten. Gleichzeitig hat die Digitalisierung zu mehr gattungsübergreifender und internationaler Konkurrenz geführt: Text, Audio und Audiovisuelles können zum Beispiel über dasselbe Gerät und über staatliche Grenzen hinweg empfangen werden. Insgesamt ist damit der Konkurrenzkampf um Aufmerksamkeit gestiegen, auch zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern. Und verschiedentlich wird dies zum Anlass genommen, die besondere Position der öffentlich-rechtlichen Medienanbieter im Medienmarkt in Frage zu stellen.

Umfrage unter den europäischen Medien-Regulierungsbehörden

Vor diesem Hintergrund hat das BAKOM für die "European Platform of Regulatory Authorities" (EPRA) eine Umfrage unter den europäischen Medienregulierungsbehörden durchgeführt. Gefragt wurde nach den Herausforderungen, denen sich die öffentlich-rechtlichen Medienhäuser gegenübersehen und nach den Anforderungen, die an diese gestellt werden, ausserdem nach den Herausforderungen für die Regulierungsbehörden und nach deren Kompetenzen. 32 Regulierungsbehörden haben den Fragebogen ausgefüllt.

Wie die Resultate der Umfrage zeigen, sind die Herausforderungen für öffentliche Radio- und Fernsehanbieter in vielen Ländern dieselben. Erstens wird es zunehmend schwieriger, grosse Teile der Bevölkerung zu erreichen. Das Publikum hat mehr Wahlmöglichkeiten und insbesondere die jungen Zielgruppen konsumieren mediale Inhalte vermehrt online und nicht mehr in Form der traditionellen Radio- und Fernsehangebote. Zweitens sehen sich viele öffentlich-rechtliche Medienveranstalter mit sinkenden Einnahmen konfrontiert. So wurden ihnen in den letzten Jahren in verschiedenen Ländern die öffentlichen Gelder gekürzt. Und wo die Ausstrahlung von Werbung erlaubt ist, sanken gleichzeitig oft auch diese Einnahmen.

Anforderungen an den Service public

Trotz tendenziell sinkender Erträge halten die Regulierungsbehörden an den Anforderungen an die Service-public-Veranstalter fest. Diese sollen beispielsweise nach wie vor eine umfassende Aufgabe erfüllen (informieren, bilden, unterhalten), qualitativ hochwertige, vielfältige und objektive Inhalte produzieren und senden. Sie sollen (technisch) die ganze Bevölkerung mit ihren Signalen erreichen und für alle Gesellschaftsteile interessante und relevante Inhalte bereitstellen, die sie unabhängig von Staat und kommerziellen Interessen produzieren. Erwartet wird von ihnen auch ein Beitrag zur nationalen Identität und Kultur.

Die öffentlich-rechtlichen Veranstalter sind damit nach Ansicht der europäischen Regulierungsbehörden gefordert, sich an die digitalen Bedingungen anzupassen, ohne dabei ihren herkömmlichen Auftrag aus den Augen zu verlieren.

Link zur Studie

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Letzte Änderung 06.06.2019

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