Im Notfall der Notruf

Der Zugang zu den Notrufdiensten ist ein Grundrecht jeder Bürgerin und jedes Bürgers. In der Regel funktionieren Notrufe effizient und wunschgemäss. Bei gewissen Technologien gibt es jedoch Verbesserungsmöglichkeiten: Die Notrufe kommen nicht an der richtigen Stelle an oder die Person in Not kann nicht genau geortet werden. Die Lösung dieser Probleme ist eine Daueraufgabe des BAKOM. Überarbeitete technische und administrative Vorschriften bringen Verbesserungen.

Mark Fitzpatrick und Daniel Voisard, Abteilung Telecomdienste

Im Jahr 2011 wurden über drei Millionen Notrufe an die amtlichen Notrufnummern der Polizei, Feuerwehr, Sanität, dargebotenen Hand und der Kinder- und Jugendberatung getätigt. Ein Notruf muss von jedem Telefonanschluss einschliesslich Mobilfunk möglich sein; jeder Anbieter von öffentlichen Telefondiensten muss den Zugang zu den Notrufdiensten gewähren. Dabei sind im Wesentlichen zwei Aufgaben zu erfüllen: die Leitweglenkung, wobei der Notruf an die sachlich und örtlich zuständige Empfangsstelle geleitet wird; und die Standortidentifikation, wobei die Rettungsdienste den Standort der Person in Not abfragen können. Wie diese Aufgaben zu erfüllen sind, wird in technischen und administrativen Vorschriften des BAKOM geregelt.

Obwohl der Notruf im Grossen und Ganzen gut funktioniert, gibt es in der Praxis bestimmte Problemfälle. Gewisse Netzmodelle und Technologien verhindern die optimale Nutzung von Notrufdiensten.

Unternehmensnetze

In Unternehmen mit mehreren Standorten werden die Notrufe oft so behandelt, als kämen sie vom Standort der Hauszentrale. Das kann zur Folge haben, dass zum Beispiel ein Notruf von einer Filiale im Tessin an die Rettungskräfte in Zürich – wo der Hauptsitz der Firma liegt – geleitet wird. Nebst der grossen geografischen Entfernung kommen dann auch sprachliche Probleme hinzu.

Telefonie über Internet

Bei Telefonie über Internet (VoIP-Sprachdienste) ist der Anrufende nicht mehr an einen bestimmten Standort gebunden (sogenannte nomadische Nutzung). Der Anbieter des VoIP-Sprachdienstes kann daher nicht feststellen, von welchem Standort angerufen wird. Der Notruf wird gemäss der Hauptadresse des Anrufenden behandelt, was zu ähnlichen Problemen wie bei Unternehmensnetzen führen kann.

Mobilfunk

Der Mobilfunk verursacht Probleme insbesondere bei der Standortidentifikation. Sie basiert auf dem Standort und der Funkabdeckung der betroffenen Antenne (Cell-ID). Diese Messmethode kann sehr ungenau sein und grosse mögliche Aufenthaltsgebiete mit einer Ausdehnung von über zehn Kilometern anzeigen. Solche Angaben dienen den Rettungskräften nur beschränkt. Dies ist umso problematischer, als 2011 bereits die Hälfte aller Notrufe über Mobilfunk gemacht wurde, Tendenz zunehmend.

Lösung: neue Vorschriften für die Notrufe

Das BAKOM arbeitet ständig daran, die Schwachstellen im Notrufbereich zu eliminieren. Am 1. Mai 2013 traten überarbeitete technische und administrative Vorschriften in Kraft, die die Leitweglenkung und die Standortidentifikation der Notrufe verbessern. Die neuen Vorschriften stellen wichtige Schritte in der Weiterentwicklung des Notrufes dar. In Unternehmensnetzen dürfen neu die Unternehmen selbst gewisse Aufgaben bei der Leitweglenkung und der Standortidentifikation der Notrufe übernehmen. Dies ist eine Voraussetzung, um die Notrufe aus diesen Netzen richtig abwickeln zu können. Im Mobilfunk sind neu nebst der vorgeschriebenen Messmethode Cell-ID genauere Messmethoden – zum Beispiel GPS oder WLAN – zugelassen. Tatsächlich gibt es im Mobilfunk verschiedene Ortungstechnologien. Die Netzbetreiber haben nunmehr die Möglichkeit, jene Messmethoden in ihren Netzen einzusetzen, die dafür am besten geeignet sind. Zudem berücksichtigen die Vorschriften nun die neuen Femtozellen. Dabei handelt es sich um Mobilfunkzellen mit minimaler räumlicher Ausdehnung für die Versorgung von zum Beispiel Wohnungen oder Geschäftsräumen. Die Ortung kann damit genauer erfolgen.

Internationale Zusammenarbeit

Mehrere europäische Normierungs- und Standardisierungsorganisationen auf dem Gebiet der Telekommunikation - darunter das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) und die Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post- und Telekommunikation (CEPT) - befassen sich gegenwärtig mit dem Zugang zu Notrufdiensten. Das BAKOM als Mitglied dieser Organisationen beteilitg sich aktiv an den Bestrebungen der verschiedenen Ausschüsse und Arbeitsgruppen, neue Standards und Normen (Architekturen, Schnittstellen und Protokolle) zu erarbeiten, die den aktuellen technologischen Neuerungen gerecht werden. Die laufenden Arbeiten werden den Zugang aller Bürgerinnen und Bürger zu Notrufdiensten zu verbessern, indem sie eine präzisere Standortlokalisierung erlauben und den Einsatz neuer Kommunikationsmittel ermöglichen.

Bericht: Notrufdienste

Das BAKOM hat den gegenwärtigen Stand in Bezug auf die Notrufdienste, die Möglichkeiten neuer Technologien sowie die Perspektiven für die weitere Entwicklung in einem Dokument zusammengefasst. Dieses Dokument ermöglicht es, die Probleme und Herausforderungen bei der Normierung und Regulierung im Bereich der Notrufdienste besser zu erfassen. Es bietet einen Überblick über die gegenwärtige Situation (Rahmenbedingungen, Technologien, Rollen der verschiedenen Akteure), die aktuellen Entwicklungen (neue Kommunikationsmittel, Standortidentifikation, derzeit diskutierte Lösungen) sowie über die Erwartungen und Perspektiven der verschiedenen Akteure. Darüber hinaus wird eine Zukunftsvision für die Schweiz dargestellt, die die europäische Politik im Bereich des Zugangs zu den Notrufdiensten berücksichtigt, und eine mögliche künftige Struktur im Falle einer Umgestaltung der Notrufdienste skizziert.

 

Fachkontakt
Letzte Änderung 26.09.2013

Zum Seitenanfang

https://www.bakom.admin.ch/content/bakom/de/home/das-bakom/medieninformationen/bakom-infomailing/bakom-infomailing-34/im-notfall-der-notruf.html