Digitalisierung: eine gesellschaftliche Herausforderung

1992 wurde die erste SMS versendet. Im selben Jahr entstand auch der Prototyp des IBM Simon Personal Communicator, der inzwischen als erstes Smartphone gilt. Ebenfalls 1992 begann die Entwicklung des Mosaic-Browser, der das Internet via vereinfachtem Webzugriff einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich machte. Was sich wie drei technische Meilensteine liest, beschreibt beim genaueren Hinsehen weitreichende Veränderungen der menschlichen Kommunikation – und damit der Gesellschaft.

Tatsächlich sind Innovationen nicht nur eine technische Angelegenheit. Technologien sind immer auch höchst menschlich. Zum einen reagieren Menschen auf Veränderungen, die eine Technologie mit sich bringt. Zum andern priorisieren Menschen – zum Beispiel Entwicklungs- und Regulierungsdomänen – und entscheiden sowohl individuell als auch kollektiv über beispielsweise Einsatz, Budget und akzeptable Nutzung.

Gerade die Digitalisierung ist besonders eng mit gesellschaftlichen Aspekten verwoben, insbesondere via Internet. Zahlungsverkehr und Einkauf, Unterhaltung und zwischenmenschliche Kommunikation, Kriminalität und Überwachung geschehen inzwischen häufig über dieselbe technische Infrastruktur, die auch gesellschaftsrelevante News und demokratische Teilhabe beherbergen soll. Diesem Umstand kann mit Silodenken nicht adäquat begegnet werden. Denn digitaler Datenaustausch umfasst gleichzeitig Kommunikationskanal, Informationsaustausch, Ausdrucksmöglichkeiten sowie die potentiell dadurch entstehende oder verhinderte soziale Bindung. Das wirkt sich auf die persönliche Verständigung ebenso aus wie auf die Medienlandschaft, und früher oder später auch auf jegliche anderen Geschäftsbereiche. Auf höchster Ebene bringt die Digitalisierung politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen mit sich, die von Nachhaltigkeit über Geopolitik bis hin zu Cybersicherheit reichen.

Eine hochspezialisierte Gesellschaft benötigt deshalb im digitalen Zeitalter die Fähigkeit, etablierte Organisationen, Bereiche und Disziplinen neu zu denken und zu gestalten. Von besonderer Wichtigkeit ist die Frage, wie bestehende Werte und Rechte umgesetzt werden können. Prioritäten werden idealerweise nicht aufgrund bestehender Strukturen, sondern mit dem Wohl der Zivilgesellschaft im Hinterkopf gesetzt. Welchen Akteuren dabei welche Rolle zukommt, darf nicht von der Technologie diktiert werden, sondern gehört entschieden anhand der demokratischen Legitimität. Es gibt Grundsätze, die ändern auch in 30 Jahren nicht.

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Letzte Änderung 28.04.2022

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Anna Jobin, Präsidentin der Medienkommission EMEK

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