Qualitätsjournalismus: ein unverzichtbares Gut

Es scheint paradox: Noch nie hatten wir so viele Möglichkeiten, Nachrichten auszutauschen und uns zu informieren. Gleichzeitig herrscht Ratlosigkeit, wie wir die demokratierelevante Medienkommunikation in die Zukunft hinein nachhaltig absichern können.

Lange konnten sich Stimmen im gesellschaftlichen Diskurs nur mit Hilfe der traditionellen Medien Gehör verschaffen. Digitale Plattformen haben dieses Monopol längst aufgebrochen. Die damit verbundenen Chancen für die Demokratie gehen aber mit negativen Effekten einher: Betreiber von sozialen Medien kümmern sich kaum um Inhalte und werden zu Plattformen, um den journalistischen Diskurs zu umgehen und als "Lügenpresse" zu diskreditieren. In vielen Ländern laufen Angriffe auf Medien mit Qualitätsjournalismus, um in den sozialen Medien die eigene – zuweilen auch eigenartige – Sicht der Dinge ungestört von kritischen Journalisten und Journalistinnen zu propagieren. Es hat sich längst herausgestellt, dass soziale Medien Journalismus nicht ersetzen. Gemeint ist professioneller Journalismus, der arbeitsteilig organisiert ist, seine Leistungen dauerhaft erbringt und sich an Qualitätsstandards orientiert.

Um solchen Journalismus ist es aber finanziell schlecht bestellt. Die über viele Jahre funktionierende Zweckehe zwischen den konventionellen Medien und der Werbung ist brüchig geworden. Die Werbenden haben in Suchmaschinen und auf anderen digitalen Plattformen neue Partner gefunden, die eine viel zielgenauere Publikumsansprache erlauben. Die Ertragseinbrüche vor allem im Printbereich aber auch bei Radio und Fernsehen sind enorm. Ein neues tragfähiges Geschäftsmodell ist allerdings noch immer nicht in Sicht.

Dass Branchen im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels schwächer werden und allmählich verschwinden, ist nicht aussergewöhnlich und gehört zum ökonomischen Lauf der Dinge. Es gibt aber Leistungen, die für eine demokratische Gesellschaft unverzichtbar sind und in jedem Falle sichergestellt und finanziert werden müssen. So erwartet niemand, dass etwa die Bildung oder das Gesundheitssystem allein über den Markt finanziert werden.

Hier liegt die grosse Herausforderung: Wie lässt sich staatsunabhängiger Qualitätsjournalismus auch in Zukunft ökonomisch fundieren? Dabei werden wir um Modelle öffentlicher Finanzierung kaum herumkommen. Die Ablehnung des Massnahmenpakets zugunsten der Medien am 13. Februar 2022 war nur die erste Runde in einer Diskussion, die für die Zukunft unserer Demokratie von zentraler Bedeutung sein wird.

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Letzte Änderung 28.04.2022

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Martin Dumermuth, ehemaliger Direktor des BAKOM (2005 – 2013)

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