Friedliche Koexistenz zwischen Windkraftanlagen und Richt-funkstrecken

Bei der Planung neuer Windkraftanlagen muss unter anderem analysiert werden, welches Störungsrisiko diese für die Richtfunkübertragung darstellen können. Das BAKOM prüft und begleitet Windpark-Projekte, um deren möglichen Einfluss auf Richtfunkstrecken zu beurteilen. Die Aufgabe ist komplex. Die Erläuterungen in diesem Artikel sollen den Projektverantwortlichen dabei helfen, eine erste Abschätzung möglicher Störungsrisiken vorzunehmen.

Rolf Gugelmann, Konzessionen und Frequenzmanagement 

Seit einigen Jahren nimmt der Bau von Windkraftanlagen in der Schweiz zu. Dem gegenüber sind ca. 7'000 zivile Richtfunkstrecken in Betrieb, in 19 Frequenzbereichen von 6 bis 86 GHz. Das BAKOM prüft jährlich rund ein Dutzend Windenergie-Projekte auf mögliche Auswirkungen auf Richtfunkstrecken.

Die neusten Planungsempfehlungen des Bundes für Windkraftanlagen (Konzept Windenergie Schweiz) behandeln auch die Problematik möglicher Beeinflussungen von Richtfunkstrecken. Durch ein einheitliches Vorgehen beim Abschätzen der Koexistenz Windkraftanlagen–Richtfunk lassen sich Risiken minimieren. Der aktuelle technische Stand der Richtfunk-Gerätetechnik muss berücksichtigt werden. Derzeit gibt es noch keine festgelegten Schutzabstände oder Normen zu deren Berechnung.

Was ist zu beachten? Ein technischer Exkurs:

  • Die Komplexität der Modulationsmethode: Derzeit sind Richtfunkanlagen fest oder adaptiv moduliert von QPSK (Quadraturphasenumtastung) bis hin zu 4096-QAM (Quadraturamplitudenmodulation).
  • Unbehinderte Sicht muss vorhanden sein zwischen den beiden Richtfunkstandorten einer Richtfunkstrecke – bis einschliesslich der 4. Fresnelzone –, weil durch Abschattung oder Beugung Beeinträchtigungen der Übertragungsqualität entstehen können (siehe folgendes Bild). Diese Bedingung gilt für alle Frequenzbereiche.

 

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Beeinträchtigung der Richtfunkstrecke durch Abschattung und Beugung
  • In der Nahfeldzone einer Richtfunkantenne sollte sich in derselben Ebene keine Windturbine befinden; diese Bedingung gilt für alle Frequenzbereiche. Die Nahfeldzone ist abhängig von der Betriebsfrequenz der Richtfunkanlage und vom maximal möglichen Durchmesser der Antenne, z.B. 700 m bei 7 GHz oder 200 m bei 52 GHz (siehe folgendes Bild).
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Beeinträchtigung der Richtfunkstrecke in Nahfeldzonen der Antennen

  • Ein Teil der Fläche des Rotors und des Mastes einer Windturbine können als Umlenkfläche für ein Störsignal wirken, dadurch können Richtfunkstrecken infolge Reflexion oder Streuung beeinträchtigt werden (siehe folgendes Bild). Das direkte Signal zwischen den Antennen muss erheblich grösser sein als das Signal, welches an der Windturbine reflektiert oder gestreut wird. Der minimal erforderliche Abstand aus beiden Signalen wird von der Modulationsmethode bestimmt.
  • Der Umlenkwinkel an der Rotorfläche einer Windturbine ist massgebend für ein mögliches Störsignal.

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Beeinträchtigung der Richtfunkstrecke durch Reflexion und Streuung

Somit besteht die gesamte kritische Zone rund um eine Richtfunkstrecke aus den drei dargestellten Bereichen:

  • Abschattungs- / Beugungszone
  • Nahfeldzonen
  • Reflexions- / Streuungszonen

Die Grafik zeigt ein Beispiel der drei Zonen für eine Richtfunkstrecke mit 13 GHz und dem Einfluss der Modulationsmethode auf die Nahfeldzone. Die Konturen sind nur um einen Standort gezeichnet, beim gegenüberliegenden Ort verlaufen sie seitenverkehrt und insgesamt werden sie noch um die X-Achse gespiegelt. Um Störungen zu vermeiden, sollten Windkraftanlagen möglichst ausserhalb dieser Zonen errichtet werden. Innerhalb der Zonen sind Koexistenzbetrachtungen zwingend empfohlen.

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Beispiele von kritischen Zonen bei einer Richtfunkstrecke 13 GHz und Einfluss der Modulati-onsmethode auf die Nahfeldzone

Zusammenfassung
Anhand der oben erläuterten verschiedenen kritischen Zonen ergeben sich die folgend dargestellten frequenzabhängigen Beurteilungszonen:

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Beurteilungszonen für Richtfunkstrecken bezüglich Windturbinen
(1) Stehen Windturbinen innerhalb der Beurteilungszonen sind genauere Koexistenzbetrach-tungen durch die Konzessionärin resp. Betreiberin durchzuführen.
(2) Stehen Windturbinen im Bereich hinter der Antenne muss die Beeinflussung durch die Konzessionärin/Betreiberin geprüft werden, nach aktuellem Kenntnisstand sind eher keine Be-einflussungen der Richtfunkstrecken durch Windturbinen zu erwarten.
(3) Stehen Windturbinen ausserhalb der Beurteilungszonen sind nach aktuellem Kenntnis-stand keine Beeinflussungen der Richtfunkstrecken durch Windturbinen zu erwarten.

BAKOM unterstützt Planung von Windkraftanlagen

Werden Windkraftanlagen in der Nähe von Richtfunkstandorten und Richtfunkstrecken geplant, ist eine Absprache zwischen Planer und Betreiber notwendig. Beachten Sie zum Vorgehen das Konzept Windenergie Schweiz. Auf map.geo.admin.ch sind die bestehenden zivilen Richtfunkstrecken ersichtlich. Eine grobe Beurteilung ist damit durch den Planer der Windparks/-turbinen möglich.

Das BAKOM ist gerne bereit, mögliche Beeinträchtigungen an bestehenden Richtfunkstrecken abzuklären und nennt bei kritischen Fällen die Referenznummern betroffener Strecken sowie Kontaktdaten der Richtfunkstrecken-Betreiber. Das BAKOM gibt keine technischen Daten der betroffenen Richtfunkstrecken bekannt. Eine Analyse der möglichen Beeinträchtigungen erfolgt durch den Betreiber der Richtfunkstrecken. Er entscheidet über die tolerierbare Beeinträchtigung seiner Richtfunkstrecke. Das BAKOM trifft weder Entscheide noch schlichtet es in Streitfällen.

Für die technische Beurteilung sind ein Kartenausschnitt, die Koordinaten der Eckpunkte des Projektperimeters und die der Windturbinen erforderlich, ebenso sind die technischen Details der Windanlage und eine Kontaktperson anzugeben. Der Umfang der benötigten Dokumente für eine Anfrage ist auf der BAKOM-Website ersichtlich.

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Letzte Änderung 18.12.2017

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